Kein vergleichbarer Beruf ist in dieser Situation

29.4.2011 – Die FECIF-Studie zur Berufssituation und dem Beratereinkommen unabhängiger Finanzberater muss freilich hinterfragt und differenziert gesehen werden.

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Auffallend sind mehrere Faktoren: 2.500 Stunden liegen weit über der Leistung österreichischer Dienstnehmer mit rund 1.760 ohne Krankenstunden und sonstigen Ausfällen. Unter der Annahme dass nur rund 80 Prozent = 1.400 Std geleistet werden, wäre das Einkommen eines Beraters vergleichbar also 1.400 Std x EUR 20 = brutto EUR 2.000 14x jährlich bis brutto EUR 6.000. Allerdings bei einer Haftung bis ins Privatvermögen, Haftungszeitraum bis 30 Jahre auch in der Pension, also lebenslang.

Dazu kommt bei den Beratern, dass 300 Tage Arbeit bedeuten, bei 52 Wochen, dass außer dem wöchentlichen Sonntag nur 13 Tage Freizeit = Urlaub verbleiben, während Dienstnehmer mindestens fünf Wochen Urlaub haben. Und auch in der Berater-Freizeit auch Kunden anrufen, Schäden zur Erledigung anfallen usw. Bei EPUs kann man nur an sich „delegieren“.

Bei Versicherungscourtagen kommt dazu, dass das Beraterentgelt aliquot der Laufzeit rückgerechnet werden kann, fünf Jahre in der LV und in der Sachversicherung auf die gesamte Laufzeit des Vertrages. Daher ist auch die Frage, wie ist das in der Studie berücksichtigt worden? Dieses „Einkommen“ müsste bei Einnahmen / Ausgabenrechnern außerhalb der Steuererklärung „rückgestellt“ werden, weil es in Wahrheit nicht verdient ist. Bei Bilanzierern rückgestellt werden.

Es ist auch leider immer wieder zu bemerken, dass KollegInnen das erhaltene Entgelt zum Zeiteinsatz ins Verhältnis setzen und nicht den echt jeweils verdienten Anteil. Wenn man einen „echten“ Vergleich macht, was wirklich verdient wurde, insbesondere in der Anfangsphase eines neuen Kunden, stellt sich schnell heraus, dass es oft ein Verlustgeschäft ist bzw. bei einer Vollmachtskündigung nach zB zwei Jahren durch den Versicherungsnehmer, ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung, der Berater den Schaden hat.

Kein vergleichbarer Beruf ist in dieser Situation bzw. verhält sich so. Die aktuellen Stundensätze bei zB Steuerberatern sind in etwa beim Assistent 140, Senior Assistent 175, Steuerfachmann 260 und Steuerberater 380. Nur Letzterer ist der Vergleich zum gewerblichen unabhängigen Fachberater. Die Werte der WKO als „Empfehlung“ sind EUR 130 bis 150, also in diesem Vergleich „Assistentenentgelt“. Die Courtagen sind ebenfalls in vielen Fällen eher gering.

Das Thema ist also sehr vielschichtig. Würden unabhängige Berater ein vvergleichbares Entgelt wie oben aufgezeigt verlangen, gäbe es für die Masse der Verbraucher keine unabhängige Beratung mehr.

Daher führt der Mitbewerb mit kapitalstarken Anbietern mit Ertragseinkünften aus anderen Kanälen zu einer krassen Schieflage und, wie wir aktuell erleben, zum fatalen überwiegenden Produktverkauf, „unterstützt“ durch den Gesetzgeber, wie der WAG-Entwurf zeigt.

Walter Michael Fink

office@RMF.at

zum Leserbrief: „Deutlich über dem Haushaltseinkommen”.

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