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Jugend und Berufsunfähigkeit – ein risikoreiches Verhältnis

18.11.2024 – Für junge Menschen gibt es für den Fall des (dauerhaften) Arbeitskraftverlustes zwei unterschiedliche Wege, die in den meisten Fällen die finanzielle Absicherung regeln. Zum einen geht es um eine Sonderregelung zur Anzahl der nötigen Versicherungsmonate, zum anderen um die Mindestsicherung. – Teil 7 der BU-Serie von Jürgen E. Holzinger.

Autor Jürgen E. Holzinger (Bild: Mathias Lauringer)
Autor Jürgen E. Holzinger
(Bild: Mathias Lauringer)

Der aufmerksamen Leserin und dem aufmerksamen Leser sind nach der Lektüre der letzten sechs Artikel bereits einige Schwierigkeiten und Probleme im Zusammenhang mit dem staatlichen Berufsunfähigkeitssystems der Pensionsversicherungsanstalten bekannt.

Im heutigen Artikel geht es um eine besonders tragische Kombination: Berufsunfähigkeit und Jugend, also kurz gefasst die Arbeitskräfte der Zukunft.

Zwar machen sich junge Menschen laut Jugendstudien aktuell besonders Sorgen um die finanzielle Absicherung in der Zukunft sowie das Pensionssystem allgemein – eine wirkliche Absicherung der eigenen Arbeitskraft haben tatsächlich aber die wenigsten.

Für Kinder/Jugendliche und junge Erwachsene gibt es für den Fall des (dauerhaften) Verlustes der Arbeitskraft zwei unterschiedliche Wege, die in den meisten Fällen die finanzielle Absicherung regeln.

Alternative A

Unsere junge Erwachsene M. schließt die Schule erfolgreich mit der Matura ab und arbeitet dann für sechs Monate bei einer Reiseagentur im Büro, um sich Geld für ein geplantes Studium zu verdienen.

Aufgrund eines schweren Unfalls, der M. schwer verletzt und für mehr als sechs Monate arbeitsunfähig macht, wird ein Antrag auf das Rehabilitationsgeld gestellt. Dieser wird von der PVA abgelehnt, da sie zu wenig Versicherungszeiten habe.

Für unter 27-jährige gibt es eine Sonderregelung. Diese besagt, dass junge Erwachsene unter 27, die nach dem Eintritt ins Berufsleben (vorrübergehend) berufsunfähig werden, nur sechs Versicherungsmonate vorweisen müssen. M klagt daraufhin beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht und bekommt Recht – ihr wird Rehabilitationsgeld zugesprochen.

Achtung: In der Praxis strittig ist die Frage, ob eine Teilzeit- bzw. geringfügige Stelle mit Selbstversicherung bei der Pensionsversicherung ausreicht. Im Streitfall wird ein gerichtliches Ausstreiten nicht ausbleiben. Bei einer Vollzeitanstellung wird jedenfalls nachgewiesen sein, dass eine Berufsfähigkeit ganz allgemein gegeben war und dann durch Krankheit oder Verletzung erst nachträglich eine (vorübergehende) Berufsunfähigkeit aufgekommen ist.

Alternative B

Unsere junge Erwachsene M. wird bereits im Laufe ihrer Schullaufbahn schwer krank. Sie schafft es zwar, die Matura abzuschließen, allerdings ist an eine Arbeitsfähigkeit nicht zu denken – auch Ferialjob oder geringfügiges Arbeiten ist nicht möglich. Damit hat M. keinerlei Anspruch auf eine Leistung der PVA und fällt somit durch die finanzielle Absicherung.

Sie bezieht aufgrund ihrer schweren Krankheit erhöhte Familienbeihilfe, hat also amtlich bestätigt eine Behinderung von mehr als 50 Prozent. An das AMS kann sie sich aufgrund des fehlenden Anspruchs auch nicht wenden – sie hat weder Chancen auf Arbeitslosengeld noch auf Notstandshilfe. Es bleibt das letzte finanzielle Auffangnetz: die Mindestsicherung. Da die Umsetzung nicht in der Hand des Bundes, sondern der Länder liegt, gibt es teils Unterschiede in Österreich bei der Umsetzung.

Zentrale Problematik ist weiterhin die Vorgehensweise – um Anspruch auf Mindestsicherung zu haben, müssen junge Erwachsene vorab ihre Eltern auf Unterhalt klagen. Selbst wenn sie ein gutes Verhältnis haben oder von vorneherein klar ist, dass die Eltern diese Leistung aus finanziellen Gründen nicht bezahlen können. Erst nach einem abgeschlossenen Verfahren zeigt sich dann, ob unsere M. Anspruch auf die Mindestsicherung hat.

Weitere Probleme sind einerseits die politische Abhängigkeit – im Gegensatz zum gesetzlich verankerten Pensionsrecht kann es durchaus zu einer Änderung der Mindestsicherung kommen, wenn sich politische Verhältnisse neu mischen. Andererseits muss bei der Mindestsicherung vorrangig immer eigenes Einkommen herangezogen werden – bis zu einem Betrag von 6.935,04 Euro pro volljähriger Person (Stand 2024). Sollte also unsere M. einen großen Bausparer ausbezahlt bekommen oder eine Liegenschaft oder Wohnung erben, kann das erhebliche finanzielle Probleme nach sich ziehen.

Frühzeitig mit dem Thema BU beschäftigen

Je früher sich Eltern mit dem Thema einer potenziellen Berufsunfähigkeit ihrer Kinder beschäftigen, umso schneller können sie ein adäquates Produkt erwerben, das finanziellen Schutz und Absicherung für die Arbeitskraft des Kindes schafft.

Jürgen E. Holzinger

Der Autor ist Obmann des Vereins Chronischkrank Österreich. Zu den Zielen des Vereins gehört Bewusstseinsbildung rund um den Wert der Arbeitskraft. Der Verein bietet Vorträge und Workshops zum Thema Berufsunfähigkeit an und bietet Betroffenen Hilfestellung.

Hinweis: Der achte Teil der Serie erscheint in einer Woche.

Serie Berufsunfähigkeit
Schlagwörter zu diesem Artikel
Arbeitslosenversicherung · Ausbildung · Bausparen · Berufsunfähigkeit
 
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