Jobs, Einkommen: Viele sehen Risiken der KI

19.7.2024 – In einer Umfrage von Allianz Trade in sechs Ländern äußert ein beträchtlicher Teil Bedenken über Risiken der KI. Die Hälfte geht davon aus, dass ihr verbreiteter Einsatz die Schere zwischen Einkommen und Berufsqualifikationen auseinandergehen lässt. Österreich gibt sich besonders skeptisch.

: Neues Papier von Allianz Trade
zu KI (Cover; Quelle: Allianz Trade)

Während viel davon die Rede ist, dass der zunehmende Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) neue Chancen eröffnet, wird der Optimismus in der Bevölkerung nicht von allen geteilt.

In einer neuen Umfrage von Allianz Trade in Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Polen und Spanien äußerten sich 36 Prozent (Österreich: 41,8 Prozent) skeptisch: Sie meinen, dass die Risiken der KI die Chancen überwiegen.

Ein geringerer Anteil von 29 Prozent geht davon aus, dass sich Risiken und Chancen die Waage halten. Lediglich 21 Prozent finden, dass die guten Seiten der KI überwiegen.

Die Umfrage wurde von 26. April bis 13. Mai 2024 unter 6.271 Personen im Alter von über 18 Jahren durchgeführt, davon 1.172 aus Österreich.

Hälfte glaubt, dass KI die Einkommensschere aufgehen lässt

46 Prozent (Österreich: 48 Prozent) aller Befragten glauben, dass KI zu weniger Jobs führen wird. Demgegenüber rechnen 35 Prozent (Österreich: 32 Prozent) mit dem Gegenteil.

Die Hälfte (51 Prozent; Österreich: rund 54 Prozent) meint, dass die branchenübergreifende KI-Verbreitung die Kluft im Hinblick auf berufliche Qualifikation und Einkommensunterschiede wachsen lässt.

Nur 26 Prozent (Österreich: 20,1 Prozent) gehen davon aus, dass KI die Produktivität ankurbeln und so für höhere Einkommen und geringere Einkommensunterschiede sorgen wird.

Am positivsten gestimmt ist noch die junge „Generation Z“. Doch selbst hier glauben mehr (47 Prozent) an eine Vergrößerung der Ungleichheit als an eine Verringerung (36 Prozent).

KI zur Ergänzung und Erweiterung menschlicher Fähigkeiten

: Acredia-Vorstandsmitglied
Michael Kolb (Bild: Acredia)

„Der Internationale Währungsfonds IWF schätzt, dass 60 Prozent aller Jobs durch Künstliche Intelligenz beeinflusst werden“, kommentiert Michael Kolb, Vorstand der Allianz-Trade-Tochter Acredia Versicherung AG.

„Der Schlüssel liegt nicht darin, Menschen durch KI-Tools zu ersetzen, sondern KI zur Ergänzung und Erweiterung ihrer Fähigkeiten einzusetzen“, so Kolb weiter.

Dies erfordere „massive Investitionen in Aus- und Weiterbildung und eine umfassende Vorbereitung auf neue Arbeitsformen“.

Autoren dämpfen Sorgen vor Jobverlust in der Branche

Soweit es die Versicherungswirtschaft betrifft, beruhigen die Autoren des Berichts aber ohnehin: Befürchtungen, KI könnte zu massiven Verschiebungen führen, „sind übertrieben“.

Die Versicherungsindustrie sei wie kaum eine andere datengetrieben und habe deshalb besonderes Potenzial für Automatisierung und Produktivitätssteigerung.

KI könne die Fähigkeiten der Mitarbeiter „ergänzen und erweitern“. Sie könne sich positiv auf Effizienz, Kundenzufriedenheit und Betrugsbekämpfung auswirken.

KI als Mittel gegen Arbeitskräftemangel

Dies könnte zwar den Arbeitsbedarf reduzieren, heißt es im Bericht; Modelle legten aber nahe, dass der Zusammenhang zwischen Produktivitätssteigerung und Personalreduktion nur „bescheiden“ ist.

Tatsächlich erscheint das „Timing“ für Fortschritte in Sachen KI sogar recht glücklich zu sein: Schließlich könnten Bevölkerungsalterung und Arbeitskräfterückgänge in vielen Branchen, die Versicherung eingeschlossen, zu Arbeitskräftemangel führen. KI könnte helfen, dem zu begegnen.

Große Mehrheit für Regulierung künstlicher Intelligenz

Sollte KI als „Universaltechnologie“ mit potenziell guten wie schlechten Auswirkungen eigentlich einer strengen Regulierung unterliegen?

Der Großteil (48 Prozent; Österreich: 47 Prozent) stimmt dem völlig zu. Weitere 32 Prozent (Österreich: 32 Prozent) sind ebenfalls für Regulierung, aber in Grenzen, damit Europas Wettbewerbsfähigkeit nicht leidet.

Lediglich 9 Prozent (Österreich: 8 Prozent) wollen es dem Markt überlassen, wie KI am besten eingesetzt wird. Die restlichen Befragten hatten zu der Frage keine Position („Ich weiß nicht“).

Kolb: Politik und Wirtschaft müssen Route festlegen

„Die Zeit ist reif für Künstliche Intelligenz“, meint Kolb. „Damit können die Unternehmen dem zunehmenden Arbeitskräftemangel gegensteuern und die Produktivität nachhaltig steigern.“

Allerdings, so Kolb, „müssen Politik und Wirtschaft gemeinsam eine Route festlegen und zwischen Regulierung und freiem Wettbewerb navigieren“. Nur so könne das Potenzial von KI „für alle bestmöglich genutzt werden“.

Mit der Kundmachung der Verordnung über künstliche Intelligenz (EU 2024/1689) im EU-Amtsblatt am 12. Juli ist hier ein zentrales Gesetzesprojekt abgeschlossen worden.

Zum Herunterladen

Der Bericht „GenAI in the insurance industry: Divine coincidence for human capital“ kann als PDF-Dokument (1,04 MB) von der Allianz-Trade-Website heruntergeladen werden.