25.2.2025 – Statt rund 4.000 Maklerbetrieben nur 1.200 bis 2.000 in ganz Österreich mit nur 4.200 bis 7.000 Beschäftigten statt rund 14.000. Dazu könnte ein partielles oder gar vollständiges Provisionsverbot laut einem neuen Gutachten führen. Der Fachverband vertritt den Standpunkt, dass der typische Versicherungsmakler österreichischer Prägung nicht als „unabhängig“ im Sinne der Kleinanlegerstrategie, sondern als „ungebunden“ angesehen werden sollte. Die Standesvertretung strebt eine entsprechende gesetzliche Regelung an.
Nicht ganz zwei Jahre sind seit der Vorstellung des Entwurfs für die Kleinanlegerstrategie (VersicherungsJournal 23.5.2023) vergangen. Der aus Sicht der Versicherungsmakler wohl meistdiskutierte Punkt war und ist das darin vorgesehene partielle Provisionsverbot bei unabhängiger Beratung zu Versicherungsanlageprodukten.
Im Verlauf der Debatte auf politischer Ebene ist an dem Text gefeilt worden. EU-Parlament und Ministerrat haben das partielle Provisionsverbot zwar nicht gestrichen. Die Passage wurde aber so geändert, dass sie aus Sicht der Interessenvertretung einen Weg zum Erhalt des Provisionssystems eröffnet (VersicherungsJournal 24.4.2024, 14.6.2024).
Derzeit ist die Kleinanlegerstrategie noch im „Trilog“, in dem Parlament, Rat und Kommission den Text finalisieren. Da sich die drei Institutionen über das partielle Provisionsverbot an sich einig sind, wird sich daran wohl auch nichts mehr ändern.
Am Montag hat der Fachverband der Versicherungsmakler Ergebnisse einer Untersuchung vorgestellt, die Armin Kammel, Professor für Bankrecht und Finanzmarktregulierung, verfasst hat.
Kammel behandelt darin folgende Frage: Wie würde sich das partielle – oder gar ein vollständiges, also auch andere Versicherungszweige erfassendes – Provisionsverbot auf den Maklermarkt auswirken, wenn Versicherungsmakler tatsächlich von ihm betroffen wären?
Kammel rechnet damit, dass eine „erhebliche Reduktion“ die Folge wäre: Statt rund 4.000 Maklerbüros (per 31. Dezember 2024 gab es 3.969 Fachgruppenmitglieder) mit rund 14.000 Beschäftigten könnte es um 50 bis 70 Prozent weniger geben: also 2.000 bis, im Extremfall, 1.200 Betriebe, die 7.000 bis 4.200 Beschäftigte haben.
Weil die Regulierung die Fixkosten erhöhe, für viele das bisherige Geschäftsmodell wegbräche und sich die Frage stellen würde, ob man das bisherige Geschäftsmodell umstellen kann oder will, käme es zu einer Marktkonsolidierung zu Gunsten größerer Einheiten, so die Prognose.
In ähnlichem Ausmaß wie der Maklermarkt schrumpft, könnte sich die Wertschöpfung auf rund 306 bis 184 Millionen Euro verringern, so Kammel weiter. Insbesondere bei einem vollständigen Provisionsverbot käme dieser Effekt zum Tragen.
Kammel gelangte in seiner Analyse zu der Ansicht, dass es keine überzeugende Evidenz gebe, aus der sich die Notwendigkeit für ein Provisionsverbot ableiten ließe.
Vielmehr handle es sich um eine „wettbewerbspolitische Positionierung“, die aus ideologischen Beweggründen ein bestimmtes Vertriebsmodell bevorteile.
Es gebe bereits seit rund 17 Jahren spezifische Regulierungsmaßnahmen für die Vergütung, die zudem „vertriebsagnostisch“ ausgestaltet seien. In Österreich gebe es ein „Regulierungskorsett, das Nutzen stiftet“. Ein „Trigger-Event“ für ein Provisionsverbot habe es nicht gegeben.
Kammel stellte deshalb in Abrede, dass die Regulierung einen adäquaten Nutzen erzeugen würde, die ihre Kosten übersteigt.
Rudolf Mittendorfer, stellvertretender Fachverbandsobmann und Sprecher für Konsumentenschutz, argumentierte: Mittels eines Provisionsverbots werde versucht, ein Problem zu lösen, das schon lange nicht mehr bestehe. Vertriebsmodelle, die „vor 20, 30 Jahren“ negative Anreize gesetzt hätten, seien längst beseitigt.
Wer unabhängig berate, werde aber durch ein Provisionsverbot aus dem Markt gedrängt, und das führe letztlich zu einem Abbau an professioneller Beratung – zumal es an der Bereitschaft, angemessene Honorare zu zahlen, fehle. Rechtlich gelte die „Best interest“-Pflicht, mehr zu leisten, „kann man von niemandem erwarten“.
Im Fachverband der Versicherungsmakler vertritt man den Standpunkt, dass das partielle Provisionsverbot eigentlich gar nicht auf den typischen Versicherungsmakler österreichischer Prägung abzielen will (VersicherungsJournal 11.9.2023).
Fachverbandsobmann Christoph Berghammer betonte in dem Zusammenhang auch neuerlich, dass der Versicherungsmakler im österreichischen Recht nicht als „unabhängig“ bezeichnet werde.
Eine Änderung der Marktpraxis aus rein ideologischen Gründen ohne überzeugende Evidenz ist schlichtweg abzulehnen.
Fachverbandsobmann Christoph Berghammer zur Provisionsverbotsdiskussion
Um aber diesbezüglich Rechtssicherheit zu schaffen, strebt der Fachverband auf österreichischer Ebene eine gesetzliche Klarstellung an: Sie soll zwischen „ungebundener“ und „unabhängiger“ Beratung.
Der „klassische“ Makler könnte dann als ungebundener weiterhin gegen Provision arbeiten. Nur wer dezidiert „unabhängig“ auftritt, würde dann unter das Provisionsverbot fallen.
Fachverbandsgeschäftsführer Erwin Gisch wies auf eine entsprechende Regelung für Kreditvermittler hin (§ 136e Abs. 4 GewO): Eine Regelung für Versicherungsmakler könnte sich daran anlehnen (Versicherungsmakler 28.6.2024).
Eine solche Klarstellung wäre aus Sicht der Standesvertretung auch mit Blick auf die schon lange ausstehende planmäßige, „eigentliche“ IDD-Revision – der ja die Kleinanlegerstrategie „in die Quere gekommen“ ist – wünschenswert.
Denn: Schon jetzt würden seitens der Aufsicht Überlegungen im Bereich „Value for Money“, also zum Kosten-Nutzen-Verhältnis, angestellt, so Berghammer. Da sei es dann unter Umständen „nicht mehr weit“ zu einer Diskussion auch über Provisionsverbote für unabhängige Beratung in Nicht-Leben.
Die erwähnte gesetzliche Klarstellung würde bewirken, dass der „ungebundene Versicherungsmakler“ erst gar nicht von einer solchen Provisionsverbotsdiskussion – sollte es zu einer solchen kommen – betroffen wäre.
Nach Gischs Worten geht der Fachverband davon aus, dass sich die EU-Kommission nach Kundmachung der Kleinanlegerstrategie der IDD-Revision widmen dürfte. Die Überarbeitung der Richtlinie könnte also 2026/27 aufs Tapet kommen.
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