30.1.2025 – Die Digitalisierung im österreichischen Finanzmarkt schreitet voran, die Nutzung von Cloud-Diensten hat an Bedeutung gewonnen, auch die Automatisierung hat zugenommen, berichtet die FMA. Digitale Vertriebs- und Vergleichsplattformen werden von Kunden indes noch kaum für Abschlüsse genutzt; dies dürfte sich nach Einschätzung der Behörde mit der Zeit aber ändern. Schwerwiegende IKT-Vorfälle seien nur zum geringeren Teil auf externe Angriffe zurückzuführen, überwiegend etwa auf Softwarefehler oder ausgefallene Netzwerkinfrastruktur.
„Austrian Digital Finance Landscape“ lautet der Titel einer am Mittwoch veröffentlichten Analyse der Finanzmarktaufsicht (FMA). Sie untersucht darin die Entwicklung der Digitalisierung im österreichischen Finanzmarkt. Erhoben wurde unter anderem,
Erfasst sind zahlreiche Marktteilnehmer, darunter die von der FMA beaufsichtigten Versicherungsunternehmen. Die Behörde spricht von einer fast vollständigen Marktabdeckung. Es ist das dritte Papier nach Vorgängerberichten 2018 und 2021.
Wie die FMA feststellt, haben Cloud-Services seit 2018 stark an Bedeutung gewonnen. Sie seien praktisch „universell“ in Unternehmen aller Finanzmarktsektoren im Einsatz, nämlich bei 95 Prozent. Gerade auch bei Versicherern seien Cloud-Dienste weit verbreitet.
Auch die Nutzung von „Robotic Process Automation“ sei „signifikant gestiegen“: Bereits 67 Prozent der Banken und 50 Prozent aller Versicherungsunternehmen setzen sie für die Abarbeitung repetitiver Formulare und bei der Übertragung von Datensätzen in die Analysesysteme ein.
Starke Wachstumsbereiche stellen KI-basierte Systeme dar. „Die 2021 kommunizierten Ausbaupläne wurden über alle Sektoren hinweg erfüllt.“
Rund ein Viertel (26 Prozent) der Unternehmen setzt im operativen Geschäftsbetrieb bereits Machine Learning ein, etwa für Rating-Systeme und Betrugsbekämpfung. „In diesem Bereich und bei Natural Language Processing wird in den kommenden Jahren auch kräftig ausgebaut.“
Zu den „Vorreitern“ zähle neben Kredit- und Zahlungsinstituten (45 bzw. 43 Prozent) der Versicherungssektor (41 Prozent). „Auffallend hoch sind die Ausbaupläne in allen Sektoren.“
Die Analyse großer Datenmengen – Stichwort „Big Data“ – nutzt weniger als ein Drittel (28 Prozent) der beaufsichtigten Unternehmen. Bei den Versicherern liegt der Anteil der Nutzer mit 34 Prozent über dem Durchschnitt.
„Big Data Analytics werden am häufigsten im Risikomanagement eingesetzt. Des Weiteren kommen sie noch vermehrt in den Bereichen Produktentwicklung, Reporting und Fraud Analytics zum Einsatz“, berichtet die FMA.
Blockchain-Technologie werde hingegen nach wie vor „sehr wenig“ verwendet. Entgegen manchen Ausbauplänen im Jahr 2021 sei die Nutzung mangels konkreter Anwendungsfälle sogar noch zurückgegangen.
Digitale Vertriebsplattformen, Vergleichsportale, soziale Medien, Chatbots und Robo Advice „verdrängen zunehmend konventionelle Wege des Vertriebs“, so die FMA. „Vergleichsportale setzten sich seit 2018 praktisch in allen Sektoren als Pre-Sales-Instrument durch.“
Allerdings erfolge der Vertragsabschluss bislang noch kaum direkt auf solchen Plattformen. Das gilt gerade auch für Versicherungen. Hier sei der Anteil der Abschlüsse via Vertriebsplattformen nur bei der Reiseversicherung markant, 2023 waren es 25,6 Prozent. In allen anderen Versicherungszweigen lag der Anteil bei zirka einem Prozent.
Die FMA rechnet aber damit, dass das Volumen der Abschlüsse über Vertriebs- und Vergleichsplattformen in den kommenden Jahren wachsen dürfte, wobei sie hier nicht spezifisch auf einzelne Finanzmarktsektoren Bezug nimmt. Eine solche Entwicklung werfe auch „neue aufsichtsrechtliche Fragen“ auf.
Wie die Erhebung weiters ergab, gehen beinahe zwei Drittel der schwerwiegenden Vorfälle im Zusammenhang mit Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) von Drittdienstleistern aus. Für die FMA zeigt dies „die Sinnhaftigkeit der Dora-Vorgaben“ zum IKT-Drittpartei-Risikomanagement.
Mehr als drei Viertel der schwerwiegenden IKT-Vorfälle auf dem österreichischen Finanzmarkt seien überdies auf Systemfehler wie zum Beispiel Softwarefehler oder ausgefallene Netzwerkinfrastruktur zurückzuführen, nicht auf externe Angriffe.
Aus der „Dora-Gap-Analyse“ gehe hervor, dass der österreichische Finanzmarkt „im Aggregat bereits die wichtigsten Vorkehrungen zur Sicherstellung der Dora-Compliance getroffen hat“, wenngleich es „individuell noch deutliche Unterschiede“ gebe.
Den größten Handlungsbedarf ortet die FMA beim IKT-Drittpartei-Risikomanagement. „Insbesondere die Vertragsanpassungen sowie das Aufsetzen des Informationsregisters der IKT-Dienstleister, das alle vertraglichen Vereinbarungen über die Nutzung von IKT-Dienstleistungen umfasst, sind praktisch in allen Sektoren noch im Gange und stellen eine der größten Herausforderungen von Dora dar.“
Die FMA betrachtet die Analyse als Hilfsmittel, „Trends beim Einsatz innovativer Technologien in der Aufsicht zu berücksichtigen, Konzentrationsrisiken und mögliche Ansteckungskanäle zu identifizieren, die Cyber-Resilienz des österreichischen Finanzmarkts gezielt zu überwachen und das digitale Risikoprofil der beaufsichtigten Unternehmen zu reflektieren“.
Die beiden FMA-Vorstandsmitglieder Helmut Ettl und Eduard Müller sehen die Digitalisierungslandkarte aber auch „als Grundlage für eine weitere Diskussion zum digitalen Wandel am österreichischen Finanzmarkt“.
Alle Interessierten seien deshalb eingeladen, „sich aktiv daran zu beteiligen und ihre Stellungnahme abzugeben“. Anmerkungen und Anregungen können bis 31. März 2025 formlos per E-Mail an die FMA geschickt werden.
Der Bericht „Austrian Digital Finance Landscape“ kann von der FMA-Website heruntergeladen werden.
Ihre Leserbriefe können für andere Leser eine wesentliche Ergänzung zu unserer Berichterstattung sein. Bitte schreiben Sie Ihre Kommentare unter den Artikel in das dafür vorgesehene Eingabefeld.
Die Redaktion freut sich auch über Hintergrund- und Insiderinformationen, wenn sie nicht zur Veröffentlichung unter dem Namen des Informanten bestimmt ist. Wir sichern unseren Lesern absolute Vertraulichkeit zu! Schreiben Sie bitte an redaktion@versicherungsjournal.at.
Allgemeine Pressemitteilungen erbitten wir an meldungen@versicherungsjournal.at.
Der VersicherungsJournal Newsletter informiert Sie von montags - freitags über alle wichtigen Themen der Branche.
Ihre Vorteile