17.1.2025 – Die Eiopa ortet Verbesserungen in Sachen Kosten-Nutzen-Verhältnis, Risiken bestünden aber fort. Im Allgemeinen sind Verbraucher laut der Behörde der Ansicht, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis in Ordnung ist; Versicherungsanlageprodukte sieht allerdings jeder vierte skeptisch. Eine betriebliche oder private Altersvorsorge habe nur der kleinere Teil der EU-Verbraucher.
In den vergangenen Jahren haben Politik, Regulierungsbehörden und Industrie Anstrengungen unternommen, „sicherzustellen, dass Konsumenten hochwertige, gut konzipierte und passende Versicherungs- und Pensionsprodukte und -dienstleistungen erhalten.“
Das stellte Petra Hielkema, Vorsitzende der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (Eiopa), am Donnerstag anlässlich der Veröffentlichung des „Consumer Trends Report 2024“ der Eiopa fest.
„Wir beginnen, Verbesserungen in den Bereichen, in denen es nötig ist, zu sehen“, so Hielkema. Nichtsdestoweniger seien weiterhin auch Bedenken vorhanden. Diese anzugehen, sei angesichts des Ziels einer Spar- und Investment-Union umso wichtiger geworden.
Einen Schwerpunkt des Berichts bildet das Themenfeld Digitalisierung und künstliche Intelligenz (KI). Etwa die Hälfte der Konsumenten und die Hälfte der nationalen Behörden gaben an, dass der Einsatz automatisierter Werkzeuge die Schadenabwicklung beschleunigt und vereinfacht hat.
Soweit KI-basierte Werkzeuge für das Pricing eingesetzt werden, seien diese einerseits mitunter hilfreich, wenn es darum geht, die Kosten zu reduzieren und die Versicherbarkeit zu verbessern.
Auf der anderen Seite ortet die Eiopa auch mögliche Nachteile, darunter eine eingeschränkte Berücksichtigung spezifischer Umstände der Kunden sowie eine „exzessive Standardisierung“ in Bepreisung, Underwriting und Abwicklungsprozessen.
Die Behörde betont auch die Wichtigkeit von Datenschutz, Sicherheit und ethischen Erwägungen beim Einsatz von KI-Lösungen bei Versicherungen.
Laut dem Bericht verwenden Konsumenten zunehmend digitale Werkzeuge, wenn sie sich mit Versicherungs- und Pensionsprodukten befassen.
Diese dienten den Verbrauchern dazu, Produkte leichter zu vergleichen, die Schadenerledigung zu beschleunigen und Prognosen für künftige Pensionsansprüche zu erstellen.
Nicht allen komme die Digitalisierung aber gleichermaßen zugute: Die weniger digitalaffinen Verbraucher könnten dadurch ausgeschlossen werden, und auch das Risiko von Falschinformation bestehe. „Manche Konsumenten könnten auch mehr Beratung benötigen, als digital verfügbar ist.“
Vielfach erst gar nicht vorhanden ist Altersvorsorge. Nur 20 Prozent der Konsumenten in der EU seien in einer betrieblichen Altersvorsorge erfasst, nur 18 Prozent privat pensionsversichert. Speziell bei Frauen sei die Beteiligung an der Altersvorsorge weiter gering.
Dabei seien nur 42 Prozent der Konsumenten zuversichtlich, im Alter ausreichend Geld für ein „komfortables Leben“ zur Verfügung zu haben, stellt die Eiopa aufgrund von Eurobarometer-Umfragedaten fest.
Es gibt hier aber große Unterschiede von Land zu Land. Am größten ist der Anteil der Zuversichtlichen in den Niederlanden (59 Prozent), Luxemburg (57 Prozent) und Österreich (55 Prozent), am niedrigsten in Lettland (24 Prozent), Estland und Griechenland (je 27 Prozent).
„Der Mangel an finanziellen Ressourcen, hohe Kosten und die wahrgenommene Komplexität mancher Produkte sind die Hauptgründe für die geringe Inanspruchnahme privater Altersvorsorge“, heißt es von der Eiopa.
Beim Paneuropäischen Privaten Pensionsprodukt („Pepp“) mangelt es schon an der Bekanntheit des Begriffs: 76 Prozent der EU-Konsumenten haben noch nichts vom Pepp gehört; weitere 15 Prozent haben zwar davon gehört, wissen aber nicht, was das ist.
Häufig diskutiert wurde in den letzten Jahren – nicht zuletzt im Zusammenhang mit der geplanten EU-Kleinanlegerstrategie (RIS) – das Thema „Value for Money“, also das Kosten-Nutzen-Verhältnis.
Auch darauf geht die Eiopa ein und spricht davon, dass klare Verbesserungen zu beobachten seien. Risiken bestünden aber auch weiterhin. Das gelte besonders für bestimmte fondsgebundene und hybride Versicherungsprodukte.
Nationale Aufsichtsbehörden in Europa haben laut Eiopa in diesem Segment Maßnahmen gesetzt, um Problemen in Bezug auf hohe Provisionen, hohe Komplexität und manchmal auch schwache Produktperformance zu begegnen.
Die gute Nachricht der Eiopa: „Unsere Daten zeigen, dass Konsumenten im Allgemeinen das Gefühl haben, dass die Produkte, die sie erwerben, ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis bieten.“ Auch hier gibt es aber ein Aber: Ein Viertel der Europäer glaube nämlich, dass Versicherungsanlageprodukte keinen solchen Mehrwert offerieren.
Die Eiopa weist noch auf eine Reihe anderer Entwicklungen hin. Der Zulauf zu Anlage- und Nichtleben-Versicherungsprodukten etwas sei von 2023 auf 2024 leicht gesunken. Teils führt sie dies auf „die schwierige finanzielle Lage europäischer Haushalte“ und inflationsbedingt höhere Kosten zurück.
Ein – auf vergleichsweise niedrigem Niveau – wachsender Anteil von Konsumenten ziehe den Abschluss von Versicherungs- und Pensionsprodukten mit Nachhaltigkeitsmerkmalen in Erwägung: 2023 seien es 13 Prozent gewesen, im letzten Jahr 16 Prozent. Angesichts des Risikos von „Greenwashing“ sei es wichtig, „faire Geschäftspraktiken sicherzustellen“.
Der grenzüberschreiende Versicherungsverkauf nehme weiter „moderat“ zu, forciert durch die Digitalisierung. Manche Konsumenten gaben laut Eiopa an, so Zugang zu günstigeren Produkten zu haben; andere wiederum zeigten wenig Vertrauen in Versicherungen aus einem anderen Land oder rechnen mit allfälligen Komplikationen.
Der „Consumer Trends Report 2024“ kann von der Eiopa-Website heruntergeladen werden.
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