5.7.2024 – Für die Praxis des Lebens wär ’s g’scheiter, Schüler lernen Kochen „und nicht Finanzwissenschaften“, meinte die grüne Abgeordnete Eva Blimlinger in einer Parlamentsdebatte zur Schulpolitik. Na Mahlzeit.
Mit dem Vorhandensein von Finanzwissen ist es bekanntlich so eine Sache. Wenn man die Nationalratssitzung am Mittwoch mitverfolgt hat, hat man auch eine Ahnung bekommen, warum – wenn man sie nicht schon vorher hatte.
So begab es sich, dass die Neos zu nachmittäglicher Stunde einen – später freilich abgelehnten – Antrag zum Thema Schulbildung vorbrachten. In diesem werden mehrere Maßnahmen gefordert, unter anderem, im Unterricht „lebensnahe Inhalte wie den Umgang mit Geld“ zu stärken.
49 Prozent der Eltern von Volksschulkindern und 72 Prozent der Eltern von Schülern der Sekundarstufe meinten, dass die Schüler „zu wenig für ‚das echte Leben‘ gerüstet werden“, verweisen die Pinken auf eine Umfrage, die Triple M in deren Auftrag unter 1.000 Eltern durchgeführt hat.
Eltern wünschen sich, so heißt es im Antrag, „mehr Fokus auf Bereiche wie Selbstmanagement, den Umgang mit Geld und auf Fähigkeiten, die in der Arbeitswelt, im Haushalt und im Zusammenleben mit anderen Menschen relevant sind“.
Dazu ist es nach Ansicht der Neos etwa nötig, Wirtschaftsbildung und Berufsorientierung zu stärken und „‚Financial Life Skills‘ in mehrere Fächer (z.B. auch in Mathematik) stärker zu integrieren“.
Und: Gerade Schüler, die in finanziellen Angelegenheiten „am verwundbarsten“ seien, weil sie keine Eltern haben, die ihnen notfalls finanziell helfen können, „verlassen in Österreich die Schule mit unzureichendem Wissen in Bezug auf Geld, Wirtschaft und Finanzen“.
In der anschließenden Debatte zum Antrag gelang es manchem versierten Rhetor vorzüglich, die Zuseher nicht mit gar zu vielen Ausführungen zum eigentlichen Thema zu behelligen. Die grüne Abgeordnete Eva Blimlinger servierte indes eine g’schmackige Wortmeldung.
Sie kritisierte zunächst die Vorstellung von einer „vollkommenen Ökonomisierung der Bildung“, die darauf hinauslaufe, Menschen ausschließlich für den Arbeitsmarkt statt umfassend zu bilden. Denn immer wieder werde gesagt, Schüler sollen „für die Praxis, für das Leben vorbereitet werden, indem sie zum Beispiel Finanzwissen haben“.
Aber „für die Praxis des Lebens wär ’s g’scheiter, sie lernen Kochen und nicht Finanzwissenschaften, weil das ist nicht die Praxis des Lebens“, so Bimlinger. „Wie ich ein Gulasch mach’, ist wichtiger, als zu wissen, wie eine Aktie funktioniert.“
Nun wird kaum jemand etwas gegen umfassende Bildung oder die Kunst der Essenszubereitung haben. Und ein Gulasch kann ein vorzügliches Investment sein, sofern der Koch seine Kunden ehrlich, redlich und professionell in deren bestmöglichem Interesse bekocht.
Deshalb aber Finanzkompetenz zur Reduktionskost zu machen, könnte unter Umständen dazu führen, dass der eine oder andere eines Tages in Sachen Vermögensaufbau, Risiko- und Altersvorsorge ein bisschen verhungert. Es kann auch nicht schaden, den Umgang mit Geld zu lernen, damit man sich sein Gulasch auch leisten kann.
Die Kritik an besserer Vermittlung von Wirtschaftskompetenz ist schon an sich etwas befremdlich. Die Einstellung, die dabei durchklingt, ist aber insofern besonders verwunderlich, als sich gerade die Grünen sonst so sehr für Konsumentenschutz stark machen.
Was aber ist für Konsumenten die „erste Verteidigungslinie“ gegen finanzielle Fehlschüsse, was ist eine wesentliche Zutat für kluge und selbstbestimmte Anlage- und Vorsorgeentscheidungen, wenn nicht fundiertes Wissen?
Oder wollte Blimlinger vielleicht, gut zwischen den Zeilen verkocht, Appetit auf die Inanspruchnahme von Beratern machen? Wer die Konsumenten nicht mit zu viel Wissen belasten will, muss schließlich umso mehr daran interessiert sein, dass jemand einspringt, der schon Wissen hat.
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